Der Student Tymoteusz hat mit seinem Klavierspiel schon Preise gewonnen und es ins Fernsehen geschafft. Über den Sommer kehrt er in seine trostlose Heimatstadt zurück, wo seit seinem Weggang die Welt stehen geblieben zu sein scheint. Die alten Kumpels aus dem Block hängen immer noch in der Gegend herum, kiffen, trinken Dosenbier, labern viel, träumen von Abenteuern in der großen weiten Welt und kommen aus ihrem Viereck aus Badesee, Skatepark, Spielplatz und Dönerimbiss doch nicht heraus.
Auch Tymoteusz‘ Bruder Jacek gehört zur Clique – ebenfalls ein begabter Pianist, der aber seit einer missglückten Bewerbung das Klavier verstimmt einstauben lässt. Statt sich Hoffnungen und Träumen hinzugeben, versinkt er resigniert im provinziellen Sumpf aus Langeweile, Perspektivlosigkeit, Homophobie und plumpem Rassismus. Denn die Wut über das so früh gescheiterte Leben der Jugendlichen muss sich irgendwo entladen – warum nicht bei diesen fremden Typen, die so verdächtig verschlossenen einen Döner nach dem anderen zubereiten?
Wie eine Granate schlug der formal eigenständige, lose an zeithistorische Ereignisse anknüpfende Debüt-Langfilm in der polnischen Szene ein. Mit Fingerspitzengefühl, Präzision und stilistischem Selbstbewusstsein, die für einen Newcomer ungewöhnlich ausgereift sind, erzählt er scheinbar beiläufig eine semidokumentarische Geschichte in der Ästhetik eines frühen Andreas Dresden, die – ganz ohne Musik und virtuos im beengenden Seitenverhältnis 4:3 geschnitten – durch schmerzhafte Authentizität besticht. Denn die Laien-Darsteller*innen spielen sich selbst und ihre eigenen Geschichten. [Rainer Mende]
Damian Kocur (geb. 1983 in Katowice) studierte an der Schlesischen Universität Katowice. Als Regisseur veröffentlichte er acht teilweise preisgekrönte kurze Spiel- und Dokumentarfilme, bevor er mit „Chleb i sól“ einen Jurypreis beim Filmfestival von Venedig und zahlreiche weitere Preise gewann.
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