Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit

Ein Film von Yulia Lokshina.

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Dass im Fleischkonzern und Schlachthof von Clemens Tönnies in Rheda-Wiedenbrück schreck­li­che Zustände herr­schen, war weit vor der Corona Pandemie bekannt. Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit ent­stand schon Monate frü­her und nimmt die­se kon­kre­ten Arbeitsbedingungen zum Anlass, all­ge­mein und grund­le­gend über das Wirtschaftssystem nach­zu­den­ken. Der Film von Yulia Lokshina setzt wun­der­ba­re Assoziationsketten frei, indem er einer­seits die ost­eu­ro­päi­schen Leiharbeiter:innen, deren unsäg­li­che Ausbeutung und ihre empa­thi­schen Unterstützer:innen in den Mittelpunkt sei­ner Beobachtung stellt und ande­rer­seits eine Schulklasse aus München beglei­tet, die das Theaterstück „Die hei­li­ge Johanna der Schlachthöfe“ von Brecht ein­übt. Beide Milieus wer­den durch fort­wäh­ren­de Parallelmontage in Beziehung gesetzt, ergän­zen sich und schlie­ßen sich kei­nes­wegs aus: Hier das hart­nä­cki­ge Bemühen, die Situation der Arbeiter:innen zu ver­bes­sern und dort der Versuch, Brechts Intentionen auf die Bühne zu brin­gen. Dabei wagt der Film, indi­vi­du­el­les Schicksal und Systemanalyse in Verbindung zu brin­gen: Der Schlachthof und des­sen Arbeitsbedingungen fun­gie­ren als Metapher für Prozesse, die sich der Einflussnahme des Einzelnen ent­zie­hen, obwohl sie alle Bereiche des Lebens durch­drin­gen. Einiges wird über ein System sicht­bar, das auf Wachstum und Profitmaximierung beruht und so jeg­li­cher vor­stell­ba­rer Art von Ausbeutung Tür und Tor öff­net, sich immer­fort selbst sta­bi­li­siert und als alter­na­tiv­los gilt.
Ein poli­ti­scher Film im bes­ten Sinn, der ganz wenig didak­tisch ist, aber umso mehr die Zuschauer:innen, wie auch die Beteiligten ernst­nimmt. Es ist auch ein Film, der Wut auf die Verhältnisse aus­löst, nicht durch Affekt hei­schen­de Zuspitzungen, son­dern durch eine zärt­li­che Subtilität. (M. Schmitz | indie­ki­no) Am

 

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Credits:

DE 2020, 92 Min., 
Buch & Regie: Yulia Lokshina 
Kamera: Zeno Legner, Lilli Pongratz
Schnitt: Urte Alfs, Yulia Lokshina

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Trailer: