Ein Film von Marion Hänsel.
Die beiden Halbbrüder Homer (Oliver Gourmet) und Joé (Sergi López) wussten bis vor kurzem nichts von der Existenz des jeweils anderen, erfahren haben sie voneinander erst nach dem Tod des gemeinsamen Vaters. Um sich besser kennenzulernen, unternehmen sie eine gemeinsame Bootsfahrt in Kroatien, dorthin, wo sich der Vater zuletzt aufgehalten hat. Was sich dabei schnell zeigt, ist, dass beide zu verschieden sind, um eine gute Zeit miteinander zu verbringen. Worüber die beiden wortkargen Männer auch kaum sprechen können, sind die unterschiedlichen Verletzungen, die beide durch den Vater erlitten haben. Mehr schweigend als redend tuckern sie den Fluß hinauf, der sich durch eine wunderschöne Felslandschaft schlängelt. Kurz vor ihrem Ziel, einem alten Kloster, treffen sie auf einen dritten Mann, den Iren Sean (John Lynch), der mit dem Vater geschäftlich zu tun hatte und der mehr über dessen Vergangenheit weiß als die Söhne.
Die belgische Regisseurin Marion Hänsel (Dust, Barbarische Hochzeit, Between the Devil and the deep blue Sea, Zärtlichkeit …) konzentriert sich in ihrem neuen Film ganz auf die schwierige Annäherung der beiden Halbbrüder. Oliver Gourmet und Sergi López spielen diesen Mangel an Worten mit einer faszinierenden Präsenz und setzen so die ruhige Erzählung unter Spannung. Der Fluss und die felsige Umgebung tun ihr Übriges dazu.
»Manche Menschen finden es schwierig, über sich selbst zu sprechen, aus vielen unterschiedlichen Gründen. Meine Charaktere, die Halbbrüder Homer und Joé, sind solche Menschen. Homer ist durch die Abwesenheit seines Vaters traumatisiert, der seine Existenz ignorierte; Joé durch die Gewalt desselben Vaters. Der Mangel an Worten, an verbaler Kommunikation interessiert mich und findet sich in einigen meiner Filme wieder. Die Stille, das Ungesagte lässt Raum für die Interpretation der Zuschauer*innen, für ihre eigenen Vorstellungen. Das gefällt mir. Was die Erzählung betrifft, habe ich den Eindruck, in bereits vertrautem Boden zu graben, aber noch tiefer gehen zu wollen. Es ist kein Zufall, dass Joé und Homer Halbbrüder sind. In einigen meiner früheren Filme sind Blutsbande, Verwandtschaft, das Bild des Vaters oder seine Abwesenheit sehr präsent. En amont du fleuve gehört zu derselben Gattung.« Marion Hänsel
Kritik in der taz – im Tagesspiegel
(En amont du fleuve)
Belgien/Niederlande/Kroatien 2016, 90 Min.
Regie: Marion Hänsel
Buch: Marion Hänsel, Hubert Mingarelli
Mit: Olivier Gourmet, Sergi López, John Lynch
Kamera: Didier Frateur
Schnitt: Michèle Hubinon
Produktion: Marion Hänsel, Digna Sinke
freigegeben ab 12 Jahren (FSK Karte – pdf)