The dead don’t die

Ein Film von Jim Jarmusch.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Alle die Fallende Blätter gese­hen haben, ahnen war­um die­ser Film nun in unse­rem Programm auftaucht.

In der klei­nen Gemeinde Centerville ist plötz­lich alles anders: Uhren blei­ben ste­hen, Mobiltelefone funk­tio­nie­ren nicht mehr, Sonnenauf- und unter­gang ver­schie­ben sich, vor allem aber erwa­chen die Toten zum Leben. „Das wird nicht gut enden“ sagt Polizist Ronnie (Adam Driver) schon bald und immer wie­der und wird mit sei­ner Prognose Recht behal­ten. Sein Vorgesetzter, Kommissar Cliff (Bill Murray), ist anfangs zwar etwas irri­tiert, als Ronnie mit der Bestimmtheit eines Mannes, der schon vie­le Zombie-Filme gese­hen hat, sagt, dass es sich hier um die Zombie-Apokalypse han­delt, doch schnell akzep­tiert er sein Schicksal.

Viel machen kön­nen die bei­den Polizisten ohne­hin nicht, zu vie­le Zombies stromern durch die Stadt, als dass sie allen den Kopf abha­cken könn­ten, die ein­zi­ge Möglichkeit, um die Untoten wirk­lich zu töten.

So wie ihnen geht es auch den ande­ren Bewohnern der Ortschaft: Bobby (Caleb Landry Jones), der an der Tankstelle arbei­tet und sich bald mit Hank (Danny Glover) zusam­men­tut, einem von Zoe (Selena Gomez) ange­führ­ten Hipster-Trio, das sich mit einem Auto in die Stadt ver­irrt hat, das direkt aus George Romeros „Nacht der leben­den Toten“ zu stam­men scheint, oder der schot­ti­schen Leichenbestattern Zelda Winston (Tilda Swinton), die mit ihrem Samurai Zombies jagt und bald auf höchst selt­sa­me Weise entschwebt.

Die Vielzahl der bekann­ten Schauspieler, die Jim Jarmusch für sei­nen neu­en Film zusam­men­ge­trom­melt hat, deu­ten schon an, dass es sich bei „The Dead Don’t Die“ um einen sehr losen, fast unstruk­tu­rier­ten Film han­delt. Von einer Handlung zu spre­chen fällt schwer, weder fin­den sich hier Figuren zusam­men und ent­wi­ckeln einen Plan, um die Bedrohung zu bekämp­fen, noch wer­den tie­fe­re Bindungen zwi­schen den Figuren geknüpft. Was Jarmusch statt­des­sen tut ist jedoch viel radi­ka­ler: Er zeigt eine über­spitz­te Version der Realität, eine Welt, die voll­kom­men außer Kontrolle gera­ten ist, in der ober­fläch­li­che Popkultur immer mehr Menschen davon ablenkt, die wirk­li­chen Probleme wahrzunehmen.

Und das größ­te Problem unse­rer Zeit heißt gera­de für einen libe­ra­len Amerikaner wie Jim Jarmusch natür­lich Donald Trump. Zwar fällt kein ein­zi­ges Mal der Name des aktu­el­len ame­ri­ka­ni­schen Präsidenten, doch spä­tes­tens wenn Steve Buscemi als rech­ter Farmer Miller mit einer knall­ro­ten „Make America White Again“-Kappe Hass ver­brei­tet (und einen Hund hat, der Rumsfeld heißt) dürf­te klar sein, woher der Wind weht.

Ein dys­to­pi­sches Szenario, einen Zombiefilm als Metapher für Missstände der Gegenwart zu benut­zen, ist natür­lich nichts Neues mehr, es ist sogar eher banal. Doch Jarmusch bedient die Klischees und Erwartungen des Genres nicht ein­fach, son­dern stellt sie betont offen­siv aus. Seine Gesellschaftskritik, sein Bloßstellen einer Kultur, die sich all­zu oft in ober­fläch­li­cher Zitatenspielerei ergeht, die sich über Likes und Herzchen defi­niert, ist so offen­sicht­lich, so unsub­til, dass sie kaum ernst zu neh­men ist. Und das ist viel­leicht der Punkt eines Films, der zu klug ist, um zu glau­ben, dass sich durch ihn etwas an den Zuständen ändern könn­te. Aktivismus über­lässt Jarmusch lie­ber ande­ren. Er und sein illus­trer Cast haben lie­ber 100 Minuten Spaß an gro­tes­ken Absurditäten, am Spiel mit Genremustern. Wenn die Welt schon ver­kommt, soll­te man zumin­dest nicht sei­nen Humor verlieren.

Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

USA 2019, 103 Min., engl. OmU
Regie & Buch: Jim Jarmusch
Darsteller: Bill Murray, Adam Driver, Tilda Swinton, Chloë Sevigny, Danny Glover, Caleb Landry Jones, Selena Gomez, Austin Butler, Luka Sabbat, Rosie Perez, Eszter Balint, Iggy Pop, Sara Driver, RZA, Carol Kane, Larry Fessenden, Tom Waits.

Trailer:
nach oben