Kuba 2014, ein Film von Ernesto Daranas. Ab 7.1. im fsk.
Der elfjährige Chala wächst bei seiner drogensüchtigen Mutter auf und muss mit mehr oder minder legalen Jobs zum Lebensunterhalt beitragen, zum Beispiel indem er einem Nachbarn, der vielleicht sogar sein Vater ist, Hunde aufziehen und für blutige Wettkämpfe abrichten hilft. Kein Wunder, fällt er den Behörden und anderen Aufsichtspersonen immer wieder negativ auf. Durch seine Lebensumstände zwar gewieft, doch nicht abgestumpft, bewegt er sich zusammen mit seinen Freunden in den lärmig bunten Strassen Havannas wie ein Fisch im Wasser. In der Schule ist er nie um einen Spruch verlegen, in Auseinandersetzungen bleibt er hart, doch butterweich, wenn es um seine Mutter, seine heimliche Liebe zu Yeni oder seine verehrte Lehrerin Carmela geht.
Carmela, seine eigentlich schon pensionierte Lehrerin, steht dem Jungen mit ihrer Lebensklugheit beiseite, deckt ihn bei brenzligen Situationen, spricht mit ihm, nicht ohne gleichzeitig den Eltern ins Gewissen zu reden, sich besser um ihn zu kümmern. Als sie nach einem Zusammenbruch länger ausfällt, beschließt das Schulteam, dass Chala in ein Erziehungsheim muss. Gegen diesen Entscheid und andere Veränderungen an der Schule wehrt sich Carmela bei ihrer Rückkehr vehement, auch wenn damit ihr eigenes Verbleiben an der Schule auf dem Spiel steht.
„Die Erziehung ist für jedes Land von grundsätzlicher Bedeutung. Wie die Bildung in einem Land strukturiert ist, auf welche Kriterien sie sich stellt, bestimmt zu einem großen Ausmaß die Gesellschaft, die wir in der Zukunft haben werden. In Bezug auf Kuba interessierte uns besonders die Aufgabe der Lehrkraft im ursprünglichen Sinn. Der Lehrer oder die Lehrerin ist jemand, der das Wissen einer bestimmten Materie vermitteln kann, der umfassende Pädagoge gibt darüber hinaus Werte und Gefühle weiter, was im Film über die Figur von Carmela aufgegriffen wird. Dieser Typ von Schullehrer ist weltweit in Krise, wie wir feststellen konnten. Bildungssysteme gründen heute
Mechanismen, die zwar in jedem Land eine eigene Ausprägung haben, diese Funktion aber tendenziell zunehmend beschneiden. Im Interesse der einzelnen Gesellschaft werden eine Reihe von Kriterien aufgestellt, die den Handlungsspielraum des klassischen Lehrers immer mehr einschränken.
Natürlich erhält dieses System in Kuba einen ganz eigenen Zuschnitt, und natürlich spielen soziale Bedingungen eine Rolle. Unser Land lebt seit quasi 25 Jahren in einer permanenten Wirtschaftskrise, das hinterlässt Spuren und hat Auswirkungen vor allem auf die junge Generation, und da zuallererst auf Kinder aus einfachen Verhältnissen, darauf, wie sie das Leben anpacken. Oft gibt es zuhause Probleme und drängen wirtschaftliche Nöte. Gerade sie sollten in der Schule nicht nochmals auf solch negative Mechanismen stoßen, sondern – das wäre wünschenswert und wichtig – auf jemanden wie Carmela.” Ernesto Daranas
Kuba 2014, 108 Min., spanische OmU
Buch und Regie: Ernesto Daranas
Kamera: Alejandro Pérez
Schnitt: Pedro Suárez
Mit Alina Rodríguez, Armando Valdés Freire, Silvia Aguíla, Yuliet Cruz, Armando Gomez