Die Farbe der Sehnsucht

Ein Film von Thomas Riedelsheimer. Ab 1. Juni im fsk. Am 2.6. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit Regisseur und Produzent.

Manchen, die sie erkun­den, ist die Welt ein­fach nur bunt. Aber da ist doch viel mehr, das macht Thomas Riedelsheimer (Rivers and Tides, Touch the Sound, …) in sei­nem essay­is­ti­schen Dokumentarfilm greif­bar. Gibt es Farben der Sehnsucht, gibt es Musik der Sehnsucht? Glücklicherweise ver­zich­tet der Film auf all­zu nahe­lie­gen­de, häu­fig mit Sehnsucht ver­bun­de­nen Attribute. Stattdessen zei­gen in wun­der­schö­nen Kinobildern Menschen ihre Träume von einem Leben, das sie nicht leben wer­den, von einer Welt, die es so nicht geben wird, oder vom Heimkommen. So ver­läßt Dona Minga mit­tels kap­ver­di­schem Tanz für eine Weile das Ghetto in Lissabon, wo sie seit über 30 Jahren lebt. Neben dem all­ge­gen­wär­ti­gen Blau, so wie Himmel und Meer, die den unsterb­lich (und glück­lich) ver­lieb­ten Alfredo in Mexiko umge­ben, erscheint Grau als Farbe der Wirklichkeit, wie bei den Notunterkünfte in Osaka, oder glit­zernd-strah­len­des Weiß-Golden, wie die Paläste und Shopping Malls in Katar. Layla aus Pakistan, die in die­sem ver­meint­li­chen Wüstenparadies arbei­tet, schreibt als Ersatz für ihr ein­ge­eng­tes Leben Liebesromane, und Kanayo Ueda gibt Gedichtkurse für die Obdachlosen in der japa­ni­schen Küstenstadt.

Melancholie und Sehnsucht nach dem Nicht-mehr-Leben streift der Film über die­je­ni­gen, die Betroffenen eine Hilfe sein wol­len, so an den schrof­fen Klippen von Tojinbo, wo der pen­sio­nier­te Polizist Yuichi Tada ver­sucht, die vor­wie­gend jun­gen Menschen vom Suizid abzu­hal­ten, oder über den jun­gen Musiker Julius, der vor kur­zem einen Freund ver­lor. Quer über die Kontinente hin­weg ler­nen wir eine Reihe unter­schied­li­cher Frauen und Männer ken­nen, und wie sie sich trotz z.T. wid­rigs­ter Umstände ihre Träume zu erhal­ten versuchen.
»… Eine akus­ti­sche Entsprechung die­ses Gefühls fin­det Riedelsheimer in der musi­ka­li­schen Komposition eines sei­ner Protagonisten, wodurch der Film zu einem leben­di­gen Kollektivkunstwerk wird. Er erschafft dabei Momente, in denen die Gefühle von der Leinwand direkt auf den Zuschauer über­ge­hen. Ein sinn­li­ches Kino-Erlebnis vol­ler Empathie, das zur Kontemplation ein­lädt.« sagt die Filmbewertungsstelle.

Deutschland 2016, 92 Min., por­tu­gie­sisch, japa­nisch, deutsch, ara­bi­sche OmU
Regie, Kamera, Schnitt: Thomas Riedelsheimer